

Zugegeben: Diese beiden Beispiele sind frei erfunden. Dennoch sind sie gar nicht so unwahrscheinlich. Phänomene wie Dehydrierung oder Unterzucker sind reale Gefahren - sowohl für ambitionierte Athletinnen als auch für Hobbyradlerinnen. Ich möchte Dir hier keine Angst machen, sondern die notwendigen Infos an die Hand geben, damit Du genau diese Situationen vermeiden kannst.
Selbstverständlich ist es möglich, Kaffeefahrten von kürzerer Dauer und geringerer Intensität zu machen. Dafür benötigst Du mehr oder weniger nur etwas Wasser. Wenn Du allerdings größere Ziele hast, macht es Sinn, sich auch ein wenig mit der Sporternährung auseinanderzusetzen.
Denn mit dem richtigen Wissen darüber ist es möglich, Deine Performance zu unterstützen und zu verbessern. In diesem Beitrag bekommst Du einen Überblick, was Du dementsprechend bei der Ernährung auf Deinen Touren und Ausfahrten beachten solltest.
Die Basics
Zunächst einmal müssen wir unterscheiden zwischen der Basisernährung, also dem, was Du tagtäglich zu Dir nimmst und der Ernährung im Training bzw. Wettkampf. Je ambitionierter Du unterwegs bist, umso stärker unterscheiden sich die beiden Formen.
Die kompletten Grundlagen einer gesunden Basisernährung zu erklären, ginge hier zu weit. Aber Du kannst Dich an folgenden Prinzipien orientieren:
Deine tägliche Basisernährung sollte so aussehen:
- möglichst unverarbeitet (lieber selbst gemacht als Fertigpizza / lieber einen Apfel als Apfelsaft / lieber Vollkorn- als Weißbrot etc.)
- möglichst vielfältig (alle Farben des Regenbogens - pinke Soße zählt nicht)
- möglichst regional und saisonal (oft besserer Nährstoffgehalt als bei Importprodukten)
Wenn Du diese Grundsätze berücksichtigst, machst Du schon eine ganze Menge richtig.
Das 1x1 der Sporternährung
Wenn es um die Versorgung Deiner Einheiten auf dem Rad geht, gibt es ein paar Nährstoffe, die Du kennen solltest. Was es im Einzelnen für Nährstoffe gibt, ob und wozu Du sie benötigst, erfährst Du im folgenden Abschnitt. Falls Du bereits Expertin bist, kannst Du auch gleich zu den Tipps und Vorschlägen übergehen.
Makros
Mikros
Welchen Kraftstoff für welche Einheit?
Nun kennst Du erst einmal die verschiedenen „Kraftstoffe“. Doch wann nutzt Du welchen?
Das Zusammenspiel der einzelnen Nährstoffe lässt sich sehr gut am Beispiel eines Autos verdeutlichen (auch wenn der Vergleich an manchen Stellen hinkt). Zuallererst ist es wichtig, überhaupt zu tanken, bevor das Auto losfährt. Mit einem leeren Tank kommst Du nämlich keinen Meter weit. Genauso ist es natürlich auch in Bezug auf Sport und Training.
Selbstverständlich hast Du eine Menge an Energie in Form von Fetten im Tank, da diese fast unbegrenzt gespeichert sind. Allerdings kannst Du damit nicht so wirklich in Fahrt kommen, sondern nur gemütlich durch die Gegend zuckeln. Manche vergleichen daher Fette auch mit Diesel. Sie sind ein ergiebiger Kraftstoff, allerdings nicht unbedingt für Höchstleistungen geeignet.
In der Metapher stehen die Kohlenhydrate für Benzin. Das ist sozusagen die schnelle Energie, mit der Du richtig aufdrehen kannst. Der Haken an der Sache: die Speicher für Kohlenhydrate sind sehr begrenzt. Insgesamt kannst Du nur circa 1200 - 2000 kcal an Energie (in Form von Glykogen) in Leber und Muskeln speichern. Damit kommst Du maximal anderthalb Stunden im hohen Gang voran.
Falls Deine Trainingseinheiten länger dauern oder Du noch härter fährst, kommst Du also energetisch an Deine Grenzen. Wenn Du nicht neuen (schnell nutzbaren) Kraftstoff nachfüllst, musst Du wohl oder übel die Leistung drosseln.
Beim „Tanken“ kommt noch ein weiteres Problem ins Spiel:
Kohlenhydrate lassen sich während der Einheit nicht unbegrenzt aufnehmen. Die Aufnahmekapazität lässt sich zwar durch entsprechendes Training erhöhen, nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen ist aber bei 100 bis maximal 120 g Kohlenhydraten Schluss. (Das entspricht dann 400-500 kcal/h.)
Unter sehr hoher Belastung (wie im Wettkampf) kann es außerdem zu Magenproblemen und Verdauungsbeschwerden kommen, wenn Du versuchst zu viele Kohlenhydrate in Dich hineinzustopfen. Bei Kohlenhydraten spielt es übrigens auch eine große Rolle, in welcher Form Du sie zu Dir nimmst.
Ganz grundsätzlich gilt:
- KH in natürlicher Form können im Training unter Umständen Probleme verursachen, weil die darin enthaltenen Ballaststoffe die Verdauung beschleunigen … (Bananen oder getrocknete Datteln vs. Gummibärchen)
- KH in flüssiger Form werden deutlich schneller aufgenommen als feste (ergo: ein Gel ist besser als ein Riegel)
- Bei hoher Belastung kommt es sehr darauf an, wie viele Teilchen in einem Sportgetränk gelöst sind. Man nennt das Osmolarität. Sie bestimmt, wie schnell die Nährstoffe durch die Zellmembranen gelangen. Wenn zu viele Teilchen in dem Wasser gelöst sind, dauert es länger, bis die Nährstoffe da ankommen, wo sie gebraucht werden… (ergo: isotonische Getränke sind besser als Softdrinks und Saft / Hydrogels besser als reine Gels etc.)
Von der Theorie zur Praxis
Je nachdem, was Du für Touren planst, kann Deine Verpflegung also ganz unterschiedlich ausfallen. Die beiden Stellschrauben sind hier Intensität und Dauer. Dein Bedarf an Kohlenhydraten steigt grundsätzlich mit der Intensität oder Dauer einer Einheit.
Ergo: je härter eine Einheit, umso mehr Carbs sind nötig. Mit zunehmender Dauer einer Einheit (auch wenn sie nur moderat ist) solltest Du ebenfalls mehr Kohlenhydrate zuführen.
Damit Du Dir das ein bisschen besser vorstellen kannst, hier Beispiele für zwei unterschiedliche Einheiten.
Beispieleinheit | Kurze, intensive Einheit, z.B. (60-90 Minuten Bergtraining / Intervalle auf dem Rollentrainer) | Lange Ausfahrt bei niedriger Intensität (2-6 Stunden Grundlagenausdauertraining) |
---|---|---|
2-3 Stunden vorher | Milchreis mit Apfelmus ODER: Weißbrot mit Marmelade, Mandelbutter oder Honig ODER: Rosinenbrötchen + Kakao | Kartoffeln ODER Reis ODER Weißbrot ODER Haferflocken + Beeren/Apfel + 2 weich gekochte Eier/Nüsse |
währenddessen | Pro Stunde mindestens 750 ml Flüssigkeit mit 50-80g Kohlenhydraten (in Form von Gels oder Pulver) | Pro Stunde mindestens 500 ml Wasser mit Prise Salz, progressiv verpflegen, d.h. 1. Stunde nur Wasser, 2. Stunde — 40g KH, 3. Stunde 60g KH, 4.-6. Stunde 80g KH* (KH-Pulver in Wasser gelöst oder Gels, Alternativ: Riegel) |
Und nach dem Training?
Selbstverständlich musst Du auch nach einer Ausfahrt oder Tour Deinen Tank wieder auffüllen. Denn nach dem Training ist bekanntlich vor dem Training.
An dieser Stelle ist es essentiell, einen wichtigen Mechanismus zu verstehen, den sogenannten Open-Window-Effekt. In den 30 Minuten nach einer sportlichen Belastung stehen Deine Zelltüren ganz besonders weit offen für Nährstoffe. Das trifft sich gut, denn insbesondere nach harten Einheiten ist auch Deine Infektanfälligkeit erhöht.
Wenn Du sehr zügig nach dem Sport Kohlenhydrate und Proteine zu Dir nimmst, kannst Du dafür sorgen, dass Deine Speicher wieder gefüllt, eventuelle Schäden wieder repariert und Krankheitserreger im Keim erstickt werden.
Vor allem, wenn eine intensive Einheit auf Dich wartet, solltest Du diese vorbereiten und dementsprechend Deine Glykogenspeicher mit Kohlenhydraten füllen. Wenn keine weitere harte Einheit am Folgetag ansteht, ist es okay, ausgewogener/ballaststoffreicher zu essen.
Beispiele für Mahlzeiten innerhalb der ersten halben Stunde nach der Einheit:
- Buttermilch mit Honig/Beeren (gemixt)
- Shake mit Instant-Haferflocken und hochwertigem Proteinpulver (0.5 g KH pro Kg Körpergewicht + 0,2 g Protein pro kg Körpergewicht)
- Banane mit Mandelmus
Die Hauptmahlzeit nach der Einheit kann ebenfalls unterschiedlich ausfallen. Hier zwei Beispiele:
Harte Einheit am Folgetag | Leichte Einheit am Folgetag |
---|---|
Spaghetti Bolognese (alternativ Tomatensoße mit Mozzarella) Zum Nachtisch Quark mit Früchten Kein Alkohol | Gemischter Salat mit Fisch/Fleisch/Mozzarella/Hülsenfrüchten + Brot ODER: Gedünstetes Gemüse + Eier + Kartoffeln Kein Alkohol |
FAZIT
Nun kennst Du die Grundsätze der Sporternährung und einige Beispiele, wie Du sie konkret umsetzen kannst.
Wichtig ist, dass Du Nahrung nicht als Feind ansiehst, sondern als Grundlage dafür, dass Du Dich überhaupt bewegen und Sport treiben kannst. Wenn Du evtl. versuchst abzunehmen, solltest Du das immer im Hinterkopf behalten und niemals an der Verpflegung Deiner Einheiten sparen.
Zudem ist es von großer Bedeutung, vorausschauend zu planen, bzw. zu essen und zu trinken. Der Notfallriegel nützt oft nichts mehr, wenn Du bereits den Abfall der Energie spürst..
Ernährung ist trotz allem immer sehr individuell. Manche Produkte (Gels, Pulver, Riegel) müssen erst einmal auf ihre Verträglichkeit getestet werden, erst recht, wenn Du sie in einem Wettkampf nutzen möchtest.
Ich wünsche Dir viel Spaß bei Deinen Ausfahrten und Touren und immer die nötige Dosis an Energie!
FAQ zum Thema Sporternährung
1. Warum ist die richtige Ernährung beim Radfahren so wichtig?
Die richtige Ernährung ist entscheidend, um die Leistungsfähigkeit während des Radfahrens zu optimieren und gesundheitliche Risiken wie Dehydrierung oder Unterzuckerung zu vermeiden. Sie stellt sicher, dass Dein Körper die nötige Energie hat, um die geplanten Touren durchzuhalten.
2. Was sollte ich vor einer Radtour essen?
Es ist wichtig, vor der Tour eine kohlenhydratreiche Mahlzeit zu sich zu nehmen, um Deine Energiespeicher aufzufüllen. Je mehr Zeit zwischen der Mahlzeit und der Radtour liegt, desto mehr langkettige Kohlenhydrate (z.B. Haferflocken), Ballaststoffe (z.B. Obst), Fette (etwa aus Nüssen) und Protein (z.B. Ei, Fisch) dürfen enthalten sein. Vor sehr intensiven Einheiten oder Wettkämpfen solltest Du lieber Kohlenhydrate zu Dir nehmen, die schneller ins Blut gehen und nicht schwer im Magen liegen (Banane, Schokomilch, Rosinenbrötchen etc.)
3. Ist Nüchterntraining auf dem Rad sinnvoll?
Nüchterntraining bedeutet, dass Du trainierst, ohne in den 4-5 Stunden vorher Kohlenhydrate zu Dir genommen zu haben. Das kann dazu beitragen, die Fettverbrennung zu verbessern und die Effizienz des Körpers im Umgang mit Energie zu steigern. Allerdings solltest Du vorsichtig sein, da das Risiko von Unterzuckerung und Leistungseinbußen höher ist. Wenn Du Nüchterntraining ausprobierst, starte mit kurzen und weniger intensiven Einheiten und habe immer mindestens einen Notfallriegel oder besser Traubenzucker dabei.
4. Wie viel Flüssigkeit sollte ich während einer Radtour zu mir nehmen?
Die Menge an Flüssigkeit hängt von der Intensität und den Umgebungsbedingungen ab. Als Faustregel gilt:
- Moderate Belastung: ca. 0,5 Liter pro Stunde.
- Intensive Belastung: ca. 1 Liter pro Stunde.
- Extreme Bedingungen (z.B. bei großer Hitze): bis zu 1,5 Liter pro Stunde.
5. Was sollte ich bei langen Radtouren essen und trinken?
Bei längeren Touren ist es wichtig, regelmäßig Kohlenhydrate zuzuführen. Eine progressive Ernährung während der Tour kann sinnvoll sein, d.h., die Menge an Kohlenhydraten pro Stunde wird nach und nach gesteigert. Zudem sollte ausreichend Flüssigkeit (Wasser oder isotonische Getränke) mitgeführt oder unterwegs nachgefüllt werden. Auch Elektrolyte im Getränk - insbesondere Natrium - sind entscheidend, um den Flüssigkeitshaushalt im Gleichgewicht zu halten und Muskelkrämpfe zu vermeiden.
6. Sollte ich während des Radfahrens feste oder flüssige Nahrung zu mir nehmen?
Flüssige Nahrung, wie Gels oder isotonische Getränke, wird schneller vom Körper aufgenommen und ist bei intensiven Einheiten oft besser verträglich als feste Nahrung. Feste Nahrung kann jedoch bei längeren, weniger intensiven Touren sinnvoll sein.
7. Wie beeinflusst die Intensität und Länge meiner Tour die Wahl der Ernährung?
Je höher die Intensität Deiner Tour, desto mehr Kohlenhydrate solltest Du zu Dir nehmen. Bei moderaten Touren reichen oft Wasser und kleine Snacks, während bei intensiven Einheiten schnell verfügbare Kohlenhydrate in Form von Gels oder Pulvern notwendig sind.
Für längere Ausfahrten ist es wichtig, genügend Wasser und Snacks mitzunehmen. Plane außerdem, wo Du Deine Vorräte unterwegs auffüllen kannst.
8. Was ist ein "Hungerast" und wie kann ich ihn vermeiden?
Ein Hungerast tritt auf, wenn der Blutzuckerspiegel stark absinkt, was zu Schwindel, Schwäche und Energielosigkeit führt. Er kann vermieden werden, indem Du regelmäßig kohlenhydratreiche Snacks zu Dir nimmst und ausreichend Flüssigkeit trinkst.
9. Wie kann ich mich nach einer Radtour optimal erholen?
Nach der Tour solltest Du innerhalb von 30 Minuten Kohlenhydrate und Proteine zu Dir nehmen, um die Glykogenspeicher aufzufüllen und die Muskelregeneration zu unterstützen. Beispiele für geeignete Snacks sind ein Shake mit Instant Haferflocken und Proteinpulver oder eine Banane mit Mandelmus.
10. Wie kann ich mich als Veganer:in oder Vegetarier:in optimal auf einer Radtour ernähren?
Als Veganer:in oder Vegetarier:in solltest Du darauf achten, dass Deine Basis-Ernährung ausreichend Protein, Eisen, Vitamin B12 und Omega-3-Fettsäuren enthält. Für die Radtour an sich eignen sich Energieriegel, getrocknete Früchte, Nüsse und pflanzliche Proteinshakes als ideale Snacks.
11. Ist eine Low-Carb-Ernährung für Radfahrer:innen sinnvoll?
Eine Low-Carb-Ernährung kann die Fettverbrennung fördern, ist aber nicht immer ideal für intensive Radtouren, da Kohlenhydrate die primäre Energiequelle bei hoher Belastung sind. Wenn Du Low Carb isst, solltest Du sicherstellen, dass Deine Fett- und Proteinaufnahme ausreichend ist und Du Deinen Kohlenhydratbedarf vor intensiven Einheiten anpasst.
12. Riegel und Gels sind oft teuer? Was kann ich tun?
Für die Verpflegung auf Deinen Touren benötigst Du keine teuren Markenprodukte. Es gibt auch günstigere Alternativen, etwa Bananen, Studentenfutter, Corny-Riegel, Quetschies o.ä. Um Geld zu sparen, kannst Du Deine Snacks und Getränke auch selbst zubereiten. Selbstgemachte Energieriegel oder Getränke sind oft günstiger als gekaufte Varianten und lassen sich individuell anpassen.